20. Januar 2017
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Seit Oktober 2016 bin ich bei Whatsapp – und somit immer wieder im intensiven Kontakt mit den syrischen Geflüchteten, deren Verwandte oder Freunde hier bei uns in Osnabrück sind, die aber selbst noch in Griechenland festhängen. Mit einigen klappt es gut auf Englisch, bei anderen ist es sehr hilfreich, dass ich syrische Freunde habe, die mir schnell mal übersetzen, was da auf Arabisch mir zugeschickt wurde.
Reisegruppe 2 besteht aus 4 Erwachsenen und 6 Kindern. Von dem Familienvater Ahmad und seinem erwachsenen Neffen Bilal habe ich erfahren, dass sie Anfang Dezember endlich ihr Interview zur Vollregistrierung gehabt haben. Aber wie es weiter geht, hat ihnen keiner verraten. Nur dass sie am nächsten Tag in ein neues Lager verfrachtet wurden. Ihrem alten Lager Cherso bei Idomeni weinen sie keine Träne nach: 4.000 Menschen in Militärzelten, im Sommer mückengeplagt durch die umliegenden Sümpfe und im Winter eiskalt ohne Heizmöglichkeit in den Zelten. Unsere Partnerorganisation Naomi in Thessaloniki hat zumindest eine große Ladung Brennholz organisieren können, damit die Menschen sich draußen an Feuertonnen wärmen konnten. Abends wurden die glimmenden Holzreste mit ins Zelt genommen, um die Illusion von Wärme zu haben. Von Kohlenmonoxidvergiftungen in anderen Lagern habe ich bereits gehört.
Das neue Lager Larisa liegt zwischen Thessaloniki und Athen. Es ist deutlich besser: sie wohnen in Containern, die wohl auch etwas geheizt werden können. Heute habe ich jede Menge Fotos von den dick verschneiten Containern bekommen und die Nachricht, dass es schwierig ist, warme Kleidung und Schuhe zu bekommen. Tatsächlich sehe ich Ahmads Frau mit Sandalen im Schnee.
Die anderen tragen ihre Turnschuhe. Die Versorgungslage beim Essen ist wohl auch schlecht. Das Foto von Ahmads Sohn hat mich berührt. Ich habe die Erlaubnis bekommen, das Foto auf unsere Homepage zu setzen.
Eine Riesenfreude für alle war es, dass wir ihnen über Western Union Anfang Dezember und noch mal jetzt etwas Geld zuschicken konnten. Natürlich ist 50 € für einen Erwachsenen und 30€ für ein Kind kein beeindruckender Betrag, aber für jemanden, der keinen Cent mehr hat, ist es viel.
Reisegruppe 5 besteht aus Hishiar, seiner Frau und drei kleinen Kindern. Sie sind schon seit dem Sommer 2016 in Volos, ein Lager 80 km südlich von Thessaloniki. Vorher waren sie im Hafen – Camp von Thessaloniki. Er hatte damals Kontakt zu Naomi gehalten und wollte dort auch an einem Deutschkurs teilnehmen. Warum sie umziehen mussten, bleibt unklar. Sie sind jetzt wieder in einer Fabrikhalle gelandet, in der jeder versucht, sich einen kleinen Privatbereich abzuteilen. Momentan gibt es kein Wasser. Also holen sie mit Eimern Schnee in ihre Halle. Erfreulicherweise hat Hishiars Familie jetzt eine Art elektrischen Kochtopf, in dem sie das Wasser dann abkochen können und in dem sie die in in Plastik eingeschweißten Essensportionen heiß machen können.
Reisegruppe 10 besteht jetzt nur noch aus der zwanzigjährigen Souad und ihrem vierzehnjährigen Bruder. Ihre Cousine hatte es schon im August geschafft, über Schleuser nach Deutschland zu kommen. Die beiden sind jetzt auf dem ehemaligen Campingplatz Ritsona, nördlich von Athen. Dort haben sie einen alten Caravan, den sie kaum heizen können. Ringsherum ist Matsch bzw. jetzt Schnee. Es gibt keinerlei Gemeinschaftsräume, sie kommen kaum an warme Kleidung. Gemüse wird gelegentlich verteilt, was sie dann in ihrem Caravan kocht. Drei mal pro Woche ist sie beim Roten Kreuz als Freiwillige. Sie arbeitet da als „Hygiene-Promoter“, spricht mit den Campbewohnern über Gesundheitsthemen, verteilt Hygiene-Kits, hilft bei der medizinischen Erstversorgung. Aber an sehr viele Tagen ist es einfach öde. Engagierte Griechen geben ehrenamtlichen Sprachunterricht, zu dem ihr Bruder zweimal in der Woche hingehen kann. Aber eigentlich wäre Englisch sinnvoller, denn dass sie in Griechenland keine Perspektive haben, ist sicher.
Renate Heise
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